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Folge 224 Beratung - Hilfe des Sozialträgers bei der Antragstellung

In dieser Folge wird erklärt, welche gesetzlich verankerten Beratungspflichten im Sozialrecht bestehen. Es wird aufgezeigt, welche Paragrafen für rechtliche Betreuer besonders relevant sind und wie diese aktiv eingefordert werden können. Anhand praxisnaher Beispiele wird veranschaulicht, wie fundierte Beratung die Betreuung erheblich erleichtert.

Einleitung und Problemaufriss
Ja, hier ist er wieder, dein stetiger Begleiter, der betreut Podcast – dein Podcast für rechtliche Betreuer. Schön, dass du dich auch diese Woche wieder entschieden hast, mir ein paar Minuten dein Ohr zu leihen. Und heute wird es sich aus meiner Sicht wirklich lohnen, dranzubleiben, denn wir besprechen heute ein Thema, das oft unterschätzt wird: die Beratungspflichten im Sozialgesetzbuch.
Drei zentrale Problemkreise stehen im Mittelpunkt: Erstens werden Beratungsansprüche von Ämtern oft ignoriert oder als Kulanz verkauft – obwohl es sich rechtlich um klare Verpflichtungen handelt. Zweitens glauben viele Betreuer, sie müssten alle relevanten Paragrafen kennen, um diese Beratung zu bekommen – das stimmt so nicht. Und drittens führt fehlende Beratung zu Unterversorgung, unnötigem Zeitaufwand und Frust – obwohl rechtzeitige und richtige Beratung Zeit, Geld und Nerven sparen kann.

Beratungspflichten im SGB I und IX
Schauen wir also konkret ins Gesetz. Das SGB I – das „Einführungsbuch“ – enthält mit § 14 und § 15 zwei zentrale Vorschriften zur Beratung. § 14 verpflichtet alle Sozialleistungsträger zur umfassenden Beratung: inhaltlich korrekt, individuell und vor allem in verständlicher Sprache. Besonders wichtig ist: Diese Beratung muss von sich aus erfolgen – ein Antrag ist nicht erforderlich, wenn die Behörde den Hilfebedarf erkennt. Beispiel: Ein Jobcenter-Mitarbeiter erkennt eine Gehbehinderung – er muss auf die Möglichkeit eines Mehrbedarfs hinweisen, ohne dass dies beantragt wurde.
§ 15 konkretisiert den Anspruch: Bei konkreter Anfrage besteht ein Anspruch auf eine vollständige, rechtlich richtige und verständliche Antwort. Der Betroffene muss in die Lage versetzt werden, selbstständig einen Antrag stellen zu können.
Auch im SGB IX finden sich wichtige Beratungspflichten. § 32 regelt die sogenannte ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB). Diese wird von unabhängigen Stellen kostenlos angeboten und ist unabhängig vom Leistungsträger. Sie unterstützt beispielsweise psychisch erkrankte Klienten beim Verständnis und Umgang mit dem persönlichen Budget. Der Leistungsträger ist verpflichtet, auf diese Beratung hinzuweisen. § 29 SGB IX regelt zudem die gesetzlich vorgeschriebene Beratung zum persönlichen Budget – über Inhalte, Umsetzbarkeit und Budgetverwaltung.

Pflegeberatung und persönliche Budgets
Im SGB XI geht es um Pflege. § 37 SGB XI schreibt eine regelmäßige Pflegeberatung vor – etwa halbjährlich bei Pflegegrad 2 oder 3, vierteljährlich bei höheren Pflegegraden, wenn Pflegegeld bezogen wird. Erfolgt diese Beratung nicht, kann es zu Leistungskürzungen kommen. Aber es geht nicht nur um Kontrolle – die Beratung dient auch dazu, Reha-Maßnahmen, neue Hilfsmittel oder eine Höherstufung zu prüfen. Gerade deshalb sollte man als rechtlicher Betreuer darauf achten, dass diese Beratungstermine auch wirklich stattfinden und genutzt werden.

Beratungsansprüche im SGB XII und weiteren Gesetzen
Im SGB XII gibt es gleich drei relevante Vorschriften: § 8 verpflichtet den Träger, über Rechte und Hilfen zu informieren. § 10 fordert die persönliche Hilfe – sogar ohne Antrag –, wenn ein Bedarf erkannt wird. Und § 11 verpflichtet zur Beratung über alle in Betracht kommenden Hilfen. Diese Vorschriften geben rechtliche Betreuern ein starkes Argument in die Hand, wenn Leistungen nicht gewährt wurden – etwa mit dem Hinweis: „Ich wurde nicht beraten.“ Der Vorwurf, man als Betreuer müsse das alles wissen, ist rechtlich nicht haltbar – die Pflicht zur Beratung bleibt bei der Behörde.
Weitere Beratungsansprüche finden sich im SGB V (z. B. § 20 und § 21 zur Prävention), im SGB VII (Unfallversicherung), § 24b–d SGB V (Schwangerschaftsberatung) sowie im SGB VIII (z. B. §§ 8a, 17, 18 – Jugendhilfe, Sorge- und Umgangsrecht, Kindeswohlgefährdung). Auch hier besteht ein Rechtsanspruch auf Beratung, nicht nur ein informelles Angebot.

Praxistipps und abschließender Appell
Was tun, wenn man Beratung braucht? Du kannst dich einfach an jede Behörde wenden und auf deinen Beratungsanspruch nach § 14 und § 15 SGB I hinweisen. Die Behörde muss dich dann entweder selbst beraten oder an die zuständige Stelle verweisen.
Mich interessiert natürlich: Wie sieht es bei dir aus? Hast du gute oder schlechte Erfahrungen mit den Beratungspflichten gemacht – etwa beim Sozialamt oder dem Jobcenter? Schreib mir gerne bei Instagram oder per E-Mail an info@betreut.de. Und wenn du noch mehr erfahren willst: Auf dem Campus unter ca.betreut.de findest du viele Infos – z. B. zur Frage, wer eine Arztbegleitung organisieren muss.
Zum Abschluss noch mein Hinweis auf die Startrampe – unser zwölfmonatiges Mentorenprogramm für neue rechtliche Betreuer. Schau dir das gerne an unter startrampe.betreut.de. Jetzt aber: Lass es dir gut gehen, und wir hören uns nächste Woche wieder. Tschüss!

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