Premiere: Eigene Entscheidung im Podcast
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge des betroyt-Podcasts, dem Podcast für rechtliche Betreuer. Wir haben den 24. September 2025 – und heute gibt es eine Premiere. Zum ersten Mal bespreche ich hier eine eigene Entscheidung, die ich in meiner Funktion als Verfahrenspfleger selbst herbeigeführt habe. Es handelt sich um eine Kostensache vor meinem zuständigen Landgericht, die aus meiner Sicht für viele Kolleginnen und Kollegen spannend sein dürfte.
Die Entscheidung ist brandaktuell – vom 22. September 2025 – und sie hat mich gleich doppelt gefreut: Zum einen, weil ich die Sache gewonnen habe, und zum anderen, weil die rechtlichen Maßstäbe für alle Verfahrenspfleger interessant sein könnten.
Der Ausgangsfall beim Amtsgericht
Worum ging es? Im Januar 2025 lag der Betroffene auf der Intensivstation und litt an einem akuten Delir. Das Krankenhaus beantragte am 22. Januar beim Amtsgericht die Genehmigung freiheitsentziehender Maßnahmen.
Noch am selben Tag hörte das Gericht den Betroffenen an – allerdings ohne vorher die Bestellung eines Verfahrenspflegers vorzunehmen. Das ist rechtlich zwar möglich, aber in der Praxis oft problematisch. Eine Beteiligung des Verfahrenspflegers von Beginn an hätte manche Schwierigkeiten vermieden.
Am 23. Januar erließ das Amtsgericht den Beschluss: Die beantragte Maßnahme wurde genehmigt, und ich selbst wurde als Verfahrenspfleger bestellt. Außerdem erkannte das Gericht für diese Tätigkeit eine pauschale Vergütung an. Der Beschluss ging mir am 24. Januar zu. Nur einen Tag später, am 25. Januar, verstarb der Betroffene.
Tod des Betroffenen und Folgen für die Vergütung
Am 20. Februar teilte ich dem Gericht den Tod des Betroffenen mit. Eine persönliche Anhörung oder eine weitere Stellungnahme war damit nicht mehr möglich. Die Sache war im Grunde erledigt, und ich beantragte schließlich am 6. März die Festsetzung der zuvor zugesprochenen Pauschalvergütung für den Zeitraum vom 23. Januar bis 20. Februar.
Das Amtsgericht lehnte den Antrag jedoch ab. Nach Anhörung des Bezirksrevisors begründete es die Entscheidung damit, dass durch den Tod des Betroffenen die ursprünglich angenommene Ausschöpfung der Pauschale nicht mehr gewährleistet gewesen sei. Mit anderen Worten: Ich sollte statt der Pauschale konkret nach Zeitaufwand abrechnen.
Gegen diese Entscheidung legte ich Beschwerde ein.
Beschwerde und Begründung des Landgerichts
Das Landgericht ließ die Beschwerde zu und entschied: Die Ablehnung war rechtsfehlerhaft.
Das LG stellte klar: Die Pauschalvergütung nach § 277 Abs. 3 FamFG ist eine vom tatsächlichen Zeitaufwand unabhängige Vergütung. Mit dem Zubilligungsbeschluss vom 23. Januar hatte das Amtsgericht verbindlich entschieden, dass die Voraussetzungen – Vorhersehbarkeit des Aufwands und Gewährleistung der Ausschöpfung – erfüllt sind.
Damit war die Prognoseentscheidung bereits getroffen. Ob der Betroffene später verstarb und der Aufwand geringer ausfiel, spielt für die Festsetzung keine Rolle. Ebenso wenig können ältere Entscheidungen, wie etwa die des OLG Frankfurt aus dem Jahr 2008, herangezogen werden – denn diese betrafen Fälle, in denen eine Pauschale erst nachträglich beantragt wurde. Hier hingegen war sie bereits im laufenden Verfahren zugesprochen worden.
Das Landgericht betonte, dass die Pauschale ein ausgewogenes System darstellt: Der Verfahrenspfleger trägt das Risiko von Mehraufwand, profitiert aber auch in Fällen, in denen der Aufwand geringer ist. Diese Balance darf nicht nachträglich zu seinen Lasten verschoben werden.
Praktische Lehren für Verfahrenspfleger
Aus der Entscheidung lassen sich mehrere Lehren ziehen:
- Frühzeitig beantragen: Wer als Verfahrenspfleger tätig wird, sollte sofort darauf achten, dass das Gericht eine Pauschalvergütung zubilligt.
- Bindungswirkung: Wurde die Pauschale einmal zugesprochen, ist sie im Festsetzungsverfahren nicht mehr in Frage zu stellen – unabhängig von späteren Entwicklungen.
- Effizienzvorteil: Eine Pauschale erspart aufwendige Stundennachweise und Dokumentationen, die oft mehr Arbeit verursachen, als sie einbringen.
- Bewusstes Abwägen: Manche Kolleginnen und Kollegen bevorzugen weiterhin die konkrete Abrechnung. Doch wer die Entscheidung des LG Neuruppin kennt, kann guten Gewissens auf die Pauschale setzen, weil diese Rechtssicherheit schafft.
Zum Abschluss noch ein Hinweis: Wer tiefer in solche aktuellen Entscheidungen eintauchen möchte, findet im
Campus Plus ab dem 1. Oktober ein spezielles Angebot. Dort gibt es Mini-Kurse und einen eigenen Rechtsprechungspodcast – eine wertvolle Ergänzung für alle, die ihre Praxis noch besser aufstellen wollen.
Damit endet unsere heutige Folge. Schön, dass du dabei warst. Wir hören uns in der nächsten Woche wieder – bis dahin!