Der Bundesgerichtshof hat über die Vergütung von Berufsbetreuern in speziellen Wohnformen entschieden. In dieser Folge wird das Urteil vom 31. Juli 2024 beleuchtet. Die Unterschiede zwischen stationärer und ambulanter Betreuung und deren Auswirkungen auf die Vergütung werden detailliert erläutert.
**Es ist wieder Mittwoch, es ist wieder Podcastzeit.**
Schön, dass ihr ja auch wieder Zeit gefunden habt, reinzuhören bei betroyt, dem Podcast für rechtliche Betreuer, Folge 191. Und heute geht es wieder um Geld, und zwar um euer Geld. Es gibt eine Entscheidung und viele werden sie auch schon gehört haben. Und wir haben sie auch schon im Stammtisch besprochen. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 31. Juli 2024, um genau zu sein, im Beschluss des 12. Zivilsenates, der sich mit der Vergütung von Berufsbetreuern auseinandergesetzt hat. Insbesondere in Bezug auf die Unterscheidung zwischen stationärer Einrichtung und ambulant betreutem Wohnen. Diese Entscheidung wirft einen Blick auf die Kriterien der Vergütungen in den Betreuungssituationen, die unterschiedlich bemessen werden.
**Ja, und wir können uns jetzt einfach mal anschauen, was das Gericht jetzt entschieden hat.**
Aber vielleicht erst mal, worum geht es eigentlich? Deswegen ist es besser, wenn man den Beschluss besser verstehen will, mit den Fakten des Falles zu beginnen. Der Fall war ein Klassiker und drehte sich um eine Berufsbetreuerin, die Vergütungsansprüche für die Betreuung eines mittellosen Betroffenen hatte. Der Betroffene lebte in einer speziellen Wohnform, die im Rahmen der Eingliederungshilfe nach Paragraph 42a Absatz 2 SGB XII organisiert war. Diese Wohnform bot den Betroffenen Wohnraum, Gemeinschaftseinrichtungen, Vollverpflegung, Grundreinigung des Zimmers und weitere Betreuungs- und Pflegeleistungen. Also im Prinzip alles, was man benötigt, um dies umgangssprachlich als Heim zu bezeichnen.
Die Betreuerin forderte eine Vergütung in Höhe von insgesamt 513 Euro für ein Quartal ein. Das war der Standardbetrag für drei Monate Betreuung eines mittellosen Betroffenen außerhalb einer stationären Einrichtung. Sie argumentierte, dass die Wohnform, in der der Betroffene lebte, nicht als stationäre Einrichtung einzustufen sei und sie daher einen höheren Vergütungsanspruch habe. Das Amtsgericht sah dies anders, ebenso wie das Landgericht. Beide entschieden, dass sie höchstens einen Anspruch auf 306 Euro hatte, da die Wohnform als stationäre Einrichtung einzustufen sei. Daraufhin legte die Betreuerin Rechtsbeschwerde ein, und der Fall ging zum Bundesgerichtshof.
Kurz gesagt, der Bundesgerichtshof bestätigte die Entscheidung der Vorinstanzen und wies die Rechtsbeschwerde der Betreuerin zurück. Der entscheidende Punkt war, ob die Wohnform, in der der Betroffene lebte, den Kriterien einer stationären Einrichtung im vergütungsrechtlichen Sinne entsprach. Der BGH entschied, dass dies der Fall war. Laut dem Beschluss liegt eine stationäre Einrichtung vor, wenn die angebotenen Leistungen so gestaltet sind, dass sie generell geeignet sind, dem Betreuer die Organisation des Lebens des Betreuten im Wesentlichen abzunehmen. Das ist ein weites Feld, und es lässt sich breit auslegen. In diesem Fall war die Wohnform so strukturiert, dass sie alle wesentlichen Aspekte des täglichen Lebens des Betroffenen abdeckte, einschließlich der Grundreinigung, Verpflegung und Assistenzleistungen gemäß SGB IX.
**Jetzt muss man natürlich gucken: Abgrenzung zwischen stationär und ambulant.**
Der BGH hat das jetzt etwas klarer gezogen. Eine stationäre Einrichtung zeichnet sich dadurch aus, dass der Betroffene eine Rund-um-die-Uhr-Versorgung erhält und die Leistungen von einem professionellen Organisationsapparat bereitgestellt werden. Diese Versorgung umfasst alle wesentlichen Aspekte des Lebensalltags des Betreuten. Ambulant betreute Wohnformen können ähnliche Leistungen anbieten, jedoch sind sie nicht notwendigerweise als stationär einzustufen, wenn die Betreuung nicht im gleichen Umfang erfolgt.
**Was sagt der BGH jetzt?**
Bestimmte ambulant betreute Wohnformen können stationären Einrichtungen gleichgestellt werden, wenn sie strukturell vergleichbare Bedingungen aufweisen, wie zum Beispiel eine ständige Erreichbarkeit von Pflege- und Betreuungskräften. Wichtig in dieser ganzen Entscheidung war, dass der Gesetzgeber bewusst eine Differenzierung vorgenommen hat, die die Art der Unterbringung des Betreuten in den Mittelpunkt stellt. Das bedeutet, dass der Aufwand, den ein rechtlicher Betreuer hat, wesentlich davon abhängt, ob der Betreute in einer stationären Einrichtung oder einer ambulant betreuten Wohnform lebt. In stationären Einrichtungen wird der Betreuer von vielen Alltagsaufgaben entlastet, da diese Aufgaben von der Einrichtung übernommen werden.
**Welche Auswirkungen hat das jetzt auf die Vergütung?**
Ganz einfach: Wenn alle Einrichtungen, die grundsätzlich ambulant gesehen werden könnten, jetzt allerdings als stationär eingestuft werden, bedeutet das einen Verlust von knapp 200 Euro im Quartal. Die Vergütung hängt weiterhin von der Wohnform ab, und damit ergibt sich der geringere Betrag. Diese Differenzierung soll sicherstellen, dass die Vergütung von Betreuern dem tatsächlichen Aufwand entspricht.
**Vergütungsreform und zukünftige Entwicklungen**
Die Vergütungsreform möchte künftig die Unterschiede zwischen ambulanten und stationären Wohnformen angleichen und eine einheitliche Vergütung für beide Wohnformen einführen. Das bedeutet, dass es diese Differenzierung möglicherweise bald nicht mehr geben wird. Der Bundesgerichtshof hat jedoch in seiner Entscheidung klargestellt, dass aktuell große Unterschiede zwischen den beiden Wohnformen bestehen, was auch zu unterschiedlichen Vergütungen führt. Diese klare Aussage des BGH steht daher im Widerspruch zu den Plänen der Reform.
**Rückforderung von Vergütungen – Was gilt jetzt?**
Viele Betreuer fragen sich nun, was mit den Abrechnungen aus der Vergangenheit passiert. Wenn Abrechnungen nach nicht stationären Einrichtungen erfolgt sind und jetzt festgestellt wird, dass diese Wohnform als stationär gilt, könnte es zu Rückforderungen kommen. Dies hängt jedoch stark davon ab, wie die Entscheidung der Vorinstanzen formuliert wurde. Wenn die Entscheidung unter dem Vorbehalt der endgültigen Klärung durch den BGH getroffen wurde, könnte es Rückgriffsansprüche geben. Andernfalls könnte es schwierig sein, bereits geleistete Zahlungen zurückzufordern.
**Ein schwieriges Jahr für Betreuer**
Das Jahr 2024 war aus Vergütungssicht kein einfaches Jahr für Berufsbetreuer. Durch die BGH-Entscheidung und die Diskussion um die Vergütungsreform sind viele Betreuer verunsichert. Die Entscheidung des BGH ist jedoch eindeutig und wird die Praxis in den kommenden Monaten maßgeblich beeinflussen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Vergütungsreform letztlich durchsetzt und ob es zu einer Vereinheitlichung der Vergütungen kommen wird.
**Hinweis auf zukünftige Seminare**
Für alle, die sich näher mit diesen Themen auseinandersetzen möchten, gibt es vom 13. bis 15. Dezember ein Seminar zum „Umgang mit Systemtestern“. In diesem Seminar werden die rechtlichen Grundlagen, Medikation und der Umgang mit schwierigen Situationen thematisiert. Die Anmeldung ist noch möglich, und es sind noch einige Plätze frei. Wer Interesse hat, kann sich unter akademie.betroyt.de informieren oder eine E-Mail an seminar@betroyt.de senden.
**Abschluss der Folge**
Das war es für diese Woche. Eine Entscheidung, die nicht einfach ist, aber uns alle betrifft. Wir hören uns nächste Woche wieder, wenn es wieder heißt: Podcastzeit bei betroyt. Bis dahin wünsche ich euch alles Gute und eine angenehme Woche. Tschüss!
Ich hoffe, das passt für dich!
In dieser Folge unterhält sich der Gastgeber mit Gerichtsvollzieher Timo Buck über Vollstreckungen und die Zustellung von Haftbefehlen, auch zu ungewöhnlichen Zeiten.
Die Pandemie beschleunigte die Digitalisierung in den Behörden. Heiko Tholen berichtet über Herausforderungen und Pionierarbeit in den Rathäusern.
In dieser Folge werden Fragen zur Verwaltung von Vermögen behandelt, einschließlich der Möglichkeiten, wie Geld sicher angelegt oder investiert werden kann.
Das 3-Tages-Seminar zum Thema ‚Umgang mit Systemtestern‘ findet vom 13. bis 15. Dezember 2024 statt und bietet eine tiefgehende Einführung in die rechtlichen und medizinischen Aspekte des Umgangs mit Systemtestern. Zusammen mit einem Facharzt für Psychiatrie, behandeln die Teilnehmer dabei wichtige Themen wie Verfahrenspflegschaften, Medikation und psychische Störungen.
Die Teilnehmenden erhalten theoretische Grundlagen zu Krankheitsbildern wie Demenz, Psychosen und Persönlichkeitsstörungen, arbeiten in Gruppen an Fallbeispielen und erlernen wertvolle Strategien für den Betreuungsalltag.
Das Seminar findet als sehr praxisnahme Präsenzveranstaltung statt, nähere Informationen zum Veranstaltungsort erhalten Sie nach der Anmeldung. Für weitere Informationen und zur Anmeldung erreichen Sie uns unter seminare@betroyt.de, weitere Details finden Sie unter akademie.betroyt.de.