Das Thema heute
Das Thema heute ist ein Thema, das viele Betreuer auch herausfordert, jedenfalls nach meiner Kenntnislage, und zwar die Erbausschlagung. Also, was passiert? Wir gucken uns das kurz an. Was passiert, wenn der betreuten Person ein Erbe anfällt und die betreute Person ausschlagen will? Also, welche rechtlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein und welche Fristen sind zu beachten? Und ich habe dafür einen Fall des OLG Karlsruhe herausgesucht. Dieser Fall macht das Ganze recht plastisch deutlich. Wer es selber nachlesen möchte, findet das beim OLG Karlsruhe, Beschluss vom 22.07.2024 zu dem Aktenzeichen 14 W 28 aus 24. Genau, also da kann man diese Entscheidung noch einmal nachlesen. Also, wie man sieht, eine relativ frische Entscheidung, jetzt nicht mal vier Monate alt zum heutigen Zeitpunkt. Deswegen, ja, auch noch mal umso mehr relevant.
Hintergrund des Falles
Aber starten wir mit dem Hintergrund des Falles, den wir uns heute anschauen wollen. Es geht um eine Erblasserin, die 2021 verstorben ist und ein notarielles Testament verfasst hat. In diesem Testament hat sie ihren Sohn und ihre Nichte zu Erben bestimmt. Jetzt ist wichtig zu wissen, dass der Sohn als Vorerbe eingesetzt wurde, während die Nichte als Nacherbe vorgesehen wurde. Das bedeutet, dass es jemanden gibt, der zuerst erbt, und jemanden, der danach erbt. Zudem wurde die Nichte auch noch als Testamentsvollstreckerin ernannt, was für sie die Verantwortung mit sich brachte, die Umsetzung des letzten Willens der Erblasserin zu veranlassen.
Nun ist die Erblasserin, wie gesagt, verstorben, und gemäß des Testaments musste das entsprechend abgewickelt werden. Der Sohn der Erblasserin, also der, der als Vorerbe vorgesehen war, hat sich jedoch dazu entschieden, die Erbschaft auszuschlagen. Genau hier setzt nun die rechtliche Betreuung an, da der Sohn zu diesem Zeitpunkt unter Betreuung stand und seine Ehefrau als Betreuerin bestellt war, um die Ausschlagung der Erbschaft vorzunehmen.
Rechtliche Voraussetzungen der Erbausschlagung
Schauen wir uns also an, was passiert, wenn eine betreute Person, in diesem Fall der Sohn, eine Erbschaft ausschlagen möchte. Das hat meistens viele rechtliche Konsequenzen. Die Aufgabe des rechtlichen Betreuers besteht dann darin, die Interessen des Betreuten zu vertreten. Aber das ist nicht alles, denn er muss auch sicherstellen, dass alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind. In unserem Fall bedeutet das, dass die Ehefrau des Sohnes den Aufgabenkreis „Ausschlagung der Erbschaft“ beantragt hat bzw. dafür bestellt wurde. In diesem Fall wurde es sogar als Extra-Aufgabenkreis aufgenommen, was in der Regel nicht der Fall ist. Normalerweise fallen diese Aufgaben unter die Vermögenssorge. Das heißt, wenn Sie die Vermögenssorge haben, ist es aus meiner Sicht auch ausreichend für eine Erbausschlagung.
Ausschlagungserklärung und Fristen
Was muss die Betreuerin also als Erstes machen? Als Erstes muss eine Ausschlagungserklärung in der erforderlichen Form abgegeben werden. Das ist im Prinzip die Hauptaufgabe des Betreuers. Es gibt hier verschiedene Möglichkeiten: Die Ausschlagung kann beim Amtsgericht erfolgen oder durch Beglaubigung beim Notar. Es reicht nicht aus, dies privatschriftlich zu machen, sondern es muss bei einem Notar erfolgen. Das ist ganz wichtig zu wissen.
Wenn diese Erfordernisse erfüllt sind, ist es als Nächstes wichtig, dass man die Ausschlagungsfrist einhält. Die Ausschlagungsfrist liegt bei sechs Wochen ab Kenntnis. Das heißt, nicht ab Kenntnis des Betreuers, sondern des Betroffenen. In diesem Fall, ohne Einwilligungsvorbehalt, ist der Ansatzpunkt der Zeitpunkt, an dem der Betroffene von dem Erbfall Kenntnis hatte.
Betreuungsgerichtliche Genehmigung
Weiterhin muss die betreuungsgerichtliche Genehmigung eingeholt werden. Das bedeutet, dass ich zum Amtsgericht muss und dem Gericht mitteilen muss, dass ich die Erbschaft ausschlagen möchte. Das war jetzt ein bisschen unpräzise: Es gibt manchmal zwei Amtsgerichte, die zuständig sein können – das Amtsgericht, in dem der Nachlass verwaltet wird, und das Amtsgericht, wo das Betreuungsverfahren geregelt wird. In diesem Fall muss ich dem Amtsgericht, in dem das Genehmigungsverfahren läuft, schreiben, dass ich die Erbschaft ausschlagen möchte. Diesen Antrag stelle ich dann auf Genehmigung der Ausschlagung. Das sind im Prinzip die beiden Dinge, die gemacht werden müssen: die Erbausschlagung selbst vorzunehmen und die Genehmigung zu beantragen.
Der Genehmigungsprozess
Genau hier liegt der Knackpunkt der Entscheidung, die ich heute vorstellen möchte. Im Fall, den ich gerade vorgestellt habe, wurde für die Erbausschlagung die Genehmigung durch das Betreuungsgericht erst zu einem späteren Zeitpunkt erteilt, was zu Verzögerungen geführt hat – nicht innerhalb der sechs Wochen, sondern danach. Das Gericht brauchte einfach längere Zeit für die Prüfung. Wie bereits erwähnt, sind die Fristen hier immer zu beachten.
Die Sechs-Wochen-Frist ist im § 1944 BGB festgelegt. Eine Erbin oder ein Erbe hat sechs Wochen Zeit, die Erbschaft auszuschlagen. Im vorliegenden Fall stellt sich die Frage, ob die Ausschlagung innerhalb der Frist erfolgt ist oder nicht, da die Genehmigung erst später erteilt wurde. Hier greift die Regelung des § 206 BGB: Die Ausschlagungsfrist wird gehemmt, solange eine betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich ist. Wenn das Genehmigungsverfahren länger andauert, wird die Frist entsprechend gehemmt.
Gerichtliche Entscheidung
Das OLG Karlsruhe musste sich in diesem Fall mit der Frage der Verzögerung beschäftigen und entschied klar: Die Hemmung der Ausschlagungsfrist gemäß § 206 BGB war gerechtfertigt, da die Betreuerin alles Nötige getan hatte, um die Genehmigung rechtzeitig zu beantragen. Entscheidend ist, dass die Verzögerung des Genehmigungsverfahrens nicht der Betreuerin angelastet werden konnte. Es war im Interesse des betreuten Sohnes, die Ausschlagung vorzunehmen, und die Schutzmechanismen wurden korrekt angewendet.
Wichtige Erkenntnisse
Im Kern sind zwei Dinge wichtig: die Ausschlagungserklärung und die Beantragung der Genehmigung. Man muss die Fristen kennen und sich an sie halten. Zudem sollte man wissen, dass eine Hemmung der Frist eintritt, wenn eine betreuungsgerichtliche Genehmigung erforderlich ist. Verzögerungen dürfen nicht aufgrund von Tatsachen erfolgen, die in der Sphäre des Betreuten oder Betreuers liegen, da sonst die Hemmung entfällt. In der Regel sind die Betreuer jedoch auf der sicheren Seite, wenn sie beide Schritte innerhalb der sechs Wochen einleiten.
Zusammenfassung und Ausblick
Nun sollten Sie also gerüstet sein für Ihre nächste Erbausschlagung. Diese Situation kommt auf jeden Fall vor. Bei mir sind es im Jahr zwischen zwei und vier Erbausschlagungen bzw. Erbangelegenheiten. Sollte es dazu Ihrerseits noch weitere Fragen geben, schicken Sie einfach eine kurze E-Mail an info@betreut.de.
Falls es andere Themen gibt, die Sie gerne einmal besprochen hätten, lassen Sie es mich ebenfalls wissen. An dieser Stelle möchte ich nochmal auf das Seminar im Dezember hinweisen. Einige Plätze sind noch frei. Wer am Seminar „Umgang mit Systemtestern“ teilnehmen möchte, kann dies tun. Alle weiteren Infos gibt es unter akademie.betreut.de. Das Seminar findet vom 13. bis 15. Dezember in Berlin statt. Herzliche Einladung dazu!
Das war es für heute. Der nächste Stammtisch ist im Dezember am 12.12. Wer daran teilnehmen möchte, ist herzlich eingeladen. Ich wünsche eine gute Zeit und bis dahin. Tschüss.