Begrüßung und rechtlicher Einstieg
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge des betroyt Podcasts. Schön, dass du auch heute wieder eingeschaltet hast. Besonders, wenn du gerade neu im Bereich der rechtlichen Betreuung startest, solltest du unbedingt dranbleiben – aber auch für alle erfahrenen Kolleg:innen ist der Erstkontakt immer wieder ein zentrales Thema.
Du bist gesetzlich verpflichtet, dich persönlich bei der betreuten Person vorzustellen – möglichst zeitnah nach der Übernahme der Betreuung. Das ergibt sich unter anderem aus den gesetzlichen Rahmenbedingungen (§ 1906 BGB). Aber der Erstkontakt ist weit mehr als ein rechtlicher Pflichttermin. Er ist die entscheidende Schnittstelle zwischen Recht und Beziehung – du legst hier die Basis für Vertrauen, Zusammenarbeit und die spätere Ausgestaltung der Betreuung.
Typische Herausforderungen beim Erstkontakt
Viele Betreute begegnen dir zunächst mit Zurückhaltung und Misstrauen – das ist normal. Sie kennen dich nicht, wissen vielleicht nicht, warum du da bist, und haben womöglich negative Vorerfahrungen mit Behörden oder dem „System“. In solchen Momenten braucht es vor allem Geduld, ein offenes Ohr und das klare Signal: Ich bin auf deiner Seite.
Ein weiteres Problem: die falsche Vorstellung von deiner Rolle. Manche denken, du kannst jetzt alles entscheiden. Andere glauben, du darfst gar nichts. Hier hilft nur, deine Aufgabenkreise genau zu erklären – so, wie sie im Gerichtsbeschluss stehen.
Oft kommen auch Angehörige ins Spiel, die stark beteiligt und emotional gebunden sind. Sie haben Mitspracherechte, stehen aber nicht im Mittelpunkt der Betreuung. Ein gemeinsames Gespräch kann helfen, Rollen und Zuständigkeiten zu klären – und langfristig ein wertvolles Unterstützungsnetzwerk entstehen lassen.
Wissenslücken und Krisensituationen
In vielen Fällen hast du beim Erstkontakt kaum Informationen – weder zur Gesundheit noch zur finanziellen Lage oder zur Lebenssituation. Am besten holst du dir im Vorfeld, wenn möglich, einen Sozialbericht von der Betreuungsbehörde oder sprichst mit dem Vorbetreuer.
Besonders herausfordernd sind emotionale Krisenlagen – zum Beispiel nach Klinikaufenthalten, Unfällen oder psychischen Zusammenbrüchen. Hier geht es oft nicht nur um rechtliche Betreuung, sondern um akute menschliche Stabilisierung. Wenn nötig, solltest du auch externe Hilfen wie Sozialdienste oder Krisendienste einbinden.
Wie du den Erstkontakt aktiv gestalten kannst
Wichtig ist: Begegnung auf Augenhöhe. Verzichte auf juristischen Tonfall. Stell dich als Mensch vor, nicht als Funktionsträger. Nimm dir Zeit, sprich mit – nicht über – die Person. Frag, was gerade wichtig ist, was sie beschäftigt. Erklär deine Aufgaben, zum Beispiel anhand des Gerichtsbeschlusses oder des Betreuerausweises.
Sei offen für Wünsche, aber auch klar in deinen Grenzen. Und dokumentiere das Gespräch sorgfältig – auch für spätere Rückfragen von Gericht oder Angehörigen.
Wenn ein persönlicher Besuch nicht möglich ist, kannst du den Erstkontakt auch telefonisch, per Brief oder Video herstellen. Wichtig ist, dass die Person merkt: Du bist interessiert, du hörst zu, du möchtest verstehen.
Praktische Tipps und Ausblick
Plan lieber zu viel als zu wenig Zeit ein. Hol am Ende Feedback ein: „Wie haben Sie das Gespräch erlebt?“ Achte auf kulturelle Unterschiede – bei Bedarf mit Dolmetscher oder Materialien in einfacher Sprache. Manche Kolleg:innen nutzen eine kleine Erstkontaktmappe mit Vorstellungsschreiben, Aufgabenübersicht und Kopie des Betreuerausweises – das kann viel klären.
Wie war dein schwierigster oder gelungenster Erstkontakt? Teil deine Erfahrung gern anonym auf dem betroyt campus oder schreib mir direkt. Gemeinsam lernen wir am meisten – besonders aus den Fällen, die uns fordern.