Was das Gesetz wirklich fordert
In dieser Folge, der letzten vor der Sommerpause, geht es um die richtige Formulierung von Aufgabenkreisen im Rahmen rechtlicher Betreuung. Der gesetzliche Rahmen ergibt sich aus § 1821 BGB: Der Betreuer darf nur für die Aufgabenbereiche tätig werden, die ihm vom Gericht auch ausdrücklich übertragen wurden. Alles, was nicht ausdrücklich benannt ist, darf auch nicht übernommen werden. Daraus folgt unmittelbar die Verpflichtung zur konkreten, zweckgerichteten und überprüfbaren Beschreibung dieser Bereiche. Pauschale Begriffe wie „Vermögenssorge“ oder „Gesundheitssorge“ reichen nicht aus, insbesondere wenn konkrete Handlungen erfolgen sollen. Das Gericht muss eindeutig festlegen, welcher Lebensbereich betroffen ist und welche Aufgaben du konkret übernehmen darfst. Der Kernpunkt lautet: Die Qualität deiner Arbeit beginnt mit der Klarheit deines Auftrags.
Warum unklare Aufgabenkreise gefährlich sind
In der Praxis entstehen oft Probleme, wenn Aufgabenkreise nicht genau genug gefasst sind. Du darfst dann vielleicht nicht handeln, obwohl es erforderlich wäre – zum Beispiel, wenn du dich mit dem Jobcenter auseinandersetzen sollst, aber keinen Zugriff auf die Konten hast, weil die Vermögenssorge nicht umfasst ist. Gleichzeitig besteht ein Haftungsrisiko, wenn du trotzdem tätig wirst. Denn wenn du ohne entsprechende Vertretungsmacht handelst, haftest du für Schäden. Auch wenn du aus pragmatischen Gründen versuchst, angrenzende Bereiche mitzuerledigen, begehst du im Zweifel einen rechtlichen Fehler. Pauschale Formulierungen wie „Vertretung in allen Angelegenheiten“ oder „Regelung sozialer Belange“ erscheinen zwar umfassend, sind aber juristisch oft unzulässig oder zumindest problematisch.
Gute und schlechte Formulierungen im Vergleich
Schlechte Beispiele sind: „Gesundheitssorge“, „Vertretung in allen persönlichen Angelegenheiten“, „Vermögenssorge einschließlich aller Verträge“, „Behördengänge“ oder „Regelung aller sozialen Belange“. Diese Begriffe sagen nicht aus, was konkret umfasst ist. Bessere Formulierungen wären: „Gesundheitssorge, insbesondere zur Entscheidung über ambulante und stationäre Behandlungen, Entgegennahme ärztlicher Aufklärung und Einwilligung in Routinebehandlungen“ oder „Vermögenssorge zur Verwaltung der Konten bei der Sparkasse Musterstadt, Kündigung bestehender Versorgungsverträge, Geltendmachung von Rentenansprüchen“. Je präziser formuliert wird, desto klarer ist auch der Handlungsspielraum für alle Beteiligten. Auch die Formulierung „Betreuung in sozialrechtlichen Angelegenheiten, insbesondere zur Antragstellung und Vertretung gegenüber dem Sozialamt und dem Jobcenter“ ist sinnvoll, weil sie konkrete Behördenkontakte einschließt und verständlich bleibt.
Das Dilemma zwischen Flexibilität und Rechtssicherheit
Pauschale Aufgabenkreise haben natürlich auch Vorteile: Sie sind flexibel, decken viele Bereiche ab und lassen sich einfacher handhaben – sowohl vom Gericht als auch im Betreuungsalltag. Manchmal weiß man bei der Bestellung noch nicht, was später alles ansteht. Und viele Stellen, etwa Banken oder Behörden, sind mit den Standardbegriffen vertraut. Doch gerade das führt dazu, dass sie unkritisch akzeptiert werden, obwohl sie inhaltlich zu unbestimmt sind. Die Nachteile überwiegen: unklare Vertretungsmacht, Haftungsrisiken, mangelnde Kontrolle, und vor allem die Einschränkung der Selbstbestimmung des Betreuten. Denn dieser weiß oft nicht, wozu der Betreuer wirklich befugt ist. Präzise Formulierungen hingegen sind rechtssicher, überprüfbar und orientieren sich am tatsächlichen Unterstützungsbedarf. Sie ermöglichen gerichtliche Kontrolle, klare Kommunikation und sichern Qualität – allerdings nur, wenn sie regelmäßig überprüft und bei Bedarf angepasst werden.
So schützt du dich und deine Klienten
Was solltest du aus dieser Folge mitnehmen? Prüfe deine gerichtlichen Beschlüsse: Sind die Aufgabenkreise konkret genug formuliert? Entsprechen sie noch dem, was du tatsächlich brauchst? Wenn nicht, stelle Anträge auf Anpassung – nach oben oder nach unten. Vor allem aber: Überlege bei jeder Handlung kurz, ob du dafür wirklich zuständig bist. Diese Selbstprüfung dauert nur wenige Sekunden, schützt dich aber vor gravierenden Fehlern. Denn Banken und Behörden verlassen sich im Zweifel auf deinen Ausweis, nicht auf das, was du tatsächlich darfst. Umso wichtiger ist es, dass du selbst ganz genau weißt, was du darfst – und was nicht. Nur so schützt du dich, deine Klienten und das Betreuungsverhältnis als Ganzes.