In dieser Folge wird der geplante Streik rechtlicher Betreuer aufgrund der unzureichenden Vergütungsreform beleuchtet. Es wird aufgezeigt, wie Betreuer durch die neuen Regelungen finanziell benachteiligt werden. Der Aufruf zum Streik sowie mögliche Auswirkungen auf das Betreuungswesen werden detailliert besprochen.
Ja, hallo, schön, dass Sie auch diese Woche wieder einschalten beim Betreut Podcast, den Podcast für rechtliche Betreuer. Vielleicht ein Podcast, den es in ein paar Jahren gar nicht mehr gibt, weil es keine rechtlichen Betreuer mehr gibt. Das ist jetzt etwas ketzerisch gesagt, allerdings habe ich die Folge nicht umsonst „Streik“ genannt. Es ist, glaube ich, an der Zeit, dass die Betreuer, die jetzt wirklich tätig sind, auch aufstehen und klar machen, welche Position sie im gesamten System haben.
Wie komme ich dazu? Das Thema: Vergütungsreform! Ich möchte es kaum in den Mund nehmen, dieses Wort „Reform“. Der Entwurf zur Reform der Vormünder- und Betreuervergütung, wie es so schön heißt, erhitzt wirklich alle Gemüter. Im Gegensatz zur Inflationsausgleichspauschale, die sehr überschaubar ausfiel – sagen wir mal so –, hat dieser Tropfen das Fass nun endgültig zum Überlaufen gebracht.
Das heißt, wer sich für dieses Thema gar nicht interessiert, kann jetzt direkt wieder ausschalten. Für alle anderen gibt es eine Option, die ich hier aufzeigen möchte, wie man vielleicht unterstützen und helfen kann.
Das Thema Vergütungsreform
Wir hatten das Thema Vergütungsbetreuung im letzten Stammtisch. Normalerweise geht dieser immer von 16 bis 18 Uhr, aber mein Zeitmanagement war wieder einmal überschaubar. Wir haben überzogen und kamen erst kurz vor 18 Uhr zu dem Thema. Trotzdem haben wir dann noch eine Stunde darüber gesprochen, weil es wirklich alle belastet hat.
Alle, die dort waren – oder nein, nicht alle, das ist gelogen, fast alle – hatten ein Defizit mit der neuen Reform zu verzeichnen. Das liegt daran, dass diese Personen meistens oder eigentlich immer in der Vergütungsstufe C sind. Diese Vergütungsstufe C ist wirklich die Vergütungsstufe, die am meisten unter dieser Reform leidet. Davon gibt es viele Kollegen, unter anderem auch mich als Rechtsanwalt – ich werde ebenfalls in dieser Stufe vergütet.
Der Rückschritt in der Vergütung
Der Rückschritt, den wir nun erleben, wurde in Folge 187 deutlich thematisiert. Wer das noch einmal hören möchte: Folge 187, „Vergütungsreform – Herausforderung durch die Reform des VBVG“. Dort habe ich genau erklärt, was die Auswirkungen sind. Was nun passiert, ist, dass viele in der Vergütungsstufe C ernsthaft überlegen, diesen Job an den Nagel zu hängen, weil sie sich schlichtweg veräppelt vorkommen.
Im Prinzip ziehen alle anderen Berufsgruppen links und rechts an uns vorbei, wirtschaftlich gesehen, ohne dass sie das enorme Risiko tragen, das Betreuungsvereine zumindest teilweise abpuffern können. Gerade Selbstständige tragen dieses Risiko in vollem Umfang. Viele Betreuer überlegen nun wirklich, wieder in ein Angestelltenverhältnis zu wechseln, um einfach ein vernünftiges Auskommen zu haben, das der Belastung und dem Arbeitsaufwand gerecht wird.
Natürlich kann man, wenn man das geschickt anstellt, als Betreuer relativ viel Geld verdienen. Allerdings gibt es auf der anderen Seite auch enorme Kosten, die immer weiter steigen. Diese Kosten sind jedoch durch die Reformen nicht angemessen abgedeckt.
Die Sitzung in Worms und der Aufruf zum Streik
Am 8.10.2024 haben sich einige Kollegen in Worms getroffen. Aus diesem Treffen ist eine E-Mail entstanden, die einen Aufruf zum Streik enthält. In dieser E-Mail wurde noch einmal klar zusammengefasst, was in den letzten Jahren in der Betreuungsvergütung passiert ist.
Wir, die Teilnehmer der Sitzung, sind der Meinung, dass das übliche Beschwerdemanagement unseres Berufsverbandes nicht ausreicht, um diese Katastrophe zu verhindern. Diese Auffassung lässt sich anhand der bisherigen Reformen von 2005 bis 2023 überzeugend belegen.
Der Beginn der Vergütungsreform 2005
Bis 2005 wurde der Aufwand, der zur Führung einer Betreuung erforderlich war, individuell erfasst und erstattet. Das galt auch für Auslagen wie Porto, Fahrtkosten und Telefonkosten. Mit der ersten Vergütungsreform im Jahr 2005 wurden Zeitpauschalen eingeführt, und das war unbestritten der erste große Einschnitt, den die beruflichen Betreuer hinnehmen mussten.
Während die Gehälter in vergleichbaren Berufen in den folgenden Jahren um 15 bis 20 Prozent stiegen, blieb die Pauschalvergütung für berufliche Betreuer seit Juli 2005 unverändert. Am 27.07.2019 folgte dann der zweite Schlag: die lange angekündigte Erhöhung der Vergütung entpuppte sich als Mogelpackung. Das Gesetz sah eine Erhöhung der Stundensätze um durchschnittlich 17 Prozent vor, was in vielen Fällen nicht einmal die gestiegenen Kosten abdeckte.
Die aktuelle Situation und der Streikaufruf
Nun, im Jahr 2024, stehen wir vor einer neuen Kürzung der Vergütungen, insbesondere in der Vergütungsstufe C. Es gibt Kollegen, die ernsthaft darüber nachdenken, ihre Tätigkeit einzustellen. Der Unmut ist groß, und die Konsequenzen, die sich daraus für die Betreuungslandschaft ergeben, sind besorgniserregend.
Einige von uns haben daher beschlossen, ab dem 1.12.2024 für sechs Monate keine Verfahrenspflegschaften und Betreuungen mehr zu übernehmen, um gegen die Kürzungen zu protestieren. Ob das wirklich die gewünschte Wirkung zeigt, ist ungewiss, aber es ist ein Versuch, der Aufmerksamkeit schaffen soll.
Kritische Gedanken zum Streik
Natürlich haben wir im Stammtisch auch über den Streik diskutiert. Ich bin grundsätzlich vorsichtig, wenn es um Streiks geht. Es würde nur dann Sinn machen, wenn er flächendeckend durchgeführt wird. Das Problem dabei ist, dass es immer Kollegen gibt, die in die entstandenen Lücken springen werden, um wirtschaftliche Einbußen zu vermeiden. Das darf man ihnen auch nicht verübeln.
Wir müssen uns fragen, ob es tatsächlich möglich ist, bundesweit eine kritische Masse zu organisieren, die sich am Streik beteiligt. Ansonsten könnte der Streik wirkungslos verpuffen, und die Behörden könnten die Zeit einfach aussitzen, bis die Betreuer wieder zurückkommen.
Fazit: Politischer Druck als Lösung
Ein Streik ist ein Mittel, aber meiner Meinung nach muss der politische Druck verstärkt werden. Unsere Berufsverbände müssen aktiv werden und den politischen Verantwortlichen klarmachen, dass die Vergütungen nicht mehr zeitgemäß sind. Rechtliche Betreuung ist eine verantwortungsvolle Tätigkeit, und es ist wichtig, dass diese auch angemessen entlohnt wird.
Wir sollten nicht klein beigeben, sondern uns politisch Gehör verschaffen. Es darf nicht sein, dass wir immer wieder mit leeren Versprechungen und halbherzigen Reformen abgespeist werden. Wenn der politische Druck stark genug ist, kann vielleicht auch eine echte Verbesserung erreicht werden.
Das war meine Meinung zu dem Thema. Nächstes Mal geht es wieder mit anderem Content weiter, und ich beruhige mich jetzt ein wenig. Ich wünsche Ihnen allen eine schöne Woche. Bis zum nächsten Mal, tschüss.
Das 3-Tages-Seminar zum Thema ‚Umgang mit Systemtestern‘ findet vom 13. bis 15. Dezember 2024 statt und bietet eine tiefgehende Einführung in die rechtlichen und medizinischen Aspekte des Umgangs mit Systemtestern. Zusammen mit einem Facharzt für Psychiatrie, behandeln die Teilnehmer dabei wichtige Themen wie Verfahrenspflegschaften, Medikation und psychische Störungen.
Die Teilnehmenden erhalten theoretische Grundlagen zu Krankheitsbildern wie Demenz, Psychosen und Persönlichkeitsstörungen, arbeiten in Gruppen an Fallbeispielen und erlernen wertvolle Strategien für den Betreuungsalltag.
Das Seminar findet als sehr praxisnahme Präsenzveranstaltung statt, nähere Informationen zum Veranstaltungsort erhalten Sie nach der Anmeldung. Für weitere Informationen und zur Anmeldung erreichen Sie uns unter seminare@betroyt.de, weitere Details finden Sie unter akademie.betroyt.de.